Eigentlich auch reichlich "Off-Topic" hier im BuchmarktNEWS Weblog, aber die Sache wird momentan so dermassen durch Klein-Bloggersdorf getrieben, dass ich mich nicht erwehren kann, auch meine 2 Pfennige abzugeben...:
Die "
Du bist Deutschland"-Kampagne ist sicherlich mittlerweise jedem ein Begriff.
Unter der kreativen Anleitung der Werbeagentur
Jung&Matt Jung von Matt und der (finanziellen) Unterstützung von "
25 führenden deutschen Medienunternehmen" entstand eine der wohl finanz- und kontaktmächtigsten Kampagnen für... ja für was?
"Du bist Deutschland" will zu einer neuen Aufbruchstimmung in Deutschland beitragen. Die Kampagne will die Menschen bewegen und aufrütteln. Und sie soll dazu führen, dass jeder wieder positiver, zuversichtlicher und motivierter in die Zukunft blickt. Denn: Es kommt auf jeden Einzelnen an, jede Leistung zählt. Wenn alle ihren Teil beitragen, können wir in Deutschland viel bewegen.
Positive Selbstwahrnehmung ist eine wichtige Voraussetzung für unsere wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung. Die beteiligten Unternehmen verstehen ihr Engagement als Initialzündung, mit der sie einen Bewusstseinswandel in Gang setzen wollen. Nicht mehr und nicht weniger. Sie laden alle Privatpersonen, Unternehmen, Organisationen und Institutionen in Deutschland ein, mitzumachen und durch eigene Aktionen die Idee "Du bist Deutschland" weiterzuverbreiten.
Die Kampagne hat für jede Menge kontroverse Meinungen gesorgt - vor allem in den
Feuilletons und in der deutschen
Blogosphäre.
Stellvertretend hierzu nur
Johnny "Spreeblick" Häusslers (lesenswerte!) Ansichten...
Dies führte sogar zu einem
sehenswerten Parodie-Wettbewerb, der
mal mehr, mal weniger originell war.
Seit einigen Tagen geistert jedoch
dieses Bild durch Emails, Foren und Weblogs und - schwupps - sind wir back to topic dieses Weblogs.
Wie die fleissigen Vasallen beim
Spreeblick ermittelt haben ist das Bild tatsächlich echt und stammt aus diesem Buch:
Ludwigshafen - ein Jahrhundert in Bildern
unsere Stadt im 20. Jahrhundert
Veröffentlichungen des Stadtarchivs
Hrsg.: Stadtarchiv Ludwigshafen am Rhein
Ludwigshafen am Rhein
Stadtarchiv, 1999
ISBN 3-924667-29-2
[via Glück auf!, wo auch die Hintergründe des Bildes recherchiert wurden]
Das
Geschrei in der Blogosphäre ist natürlich groß in den letzten Tagen - jedoch lang nicht so groß, wie man es hätte erwarten können.
Grund dafür ist meines Erachtens wiedermal der "Scooper" Johnny "Spreeblick" Häussler, der - als einer der ersten und vordersten Kritiker der Kampagne - relativiert:
Eine unschöne und auch peinliche Parallele. Die halte ich persönlich zwar nicht gerade für lapidar, finde aber auch, dass man auf dem Teppich bleiben sollte und dass allein die Veröffentlichung in diversen Foren und Blogs schon dazu reichen sollte, um mal wieder über die verschwindenden Grenzen zwischen Propaganda und Marketing nachzudenken. Was ich von der Kampagne im Allgemeinen halte habe ich ja schon ausführlich zum Besten gegeben, sie wegen dieses Fotos jedoch in eine Nazi-Ecke zu stellen, wäre dumm und gefährlich.
Wie zu erwarten: Die Online-Medien
haben bereits begonnen, die Printmedien werden morgen, übermorgen folgen.
Interessanterweise teilen die (professionellen) Medien in weiten Teilen Häusslers Meinung.
Wieder einmal haben wir also den seltenen, aber immer häufiger auftretenden Fall, dass ein Thema, dass in der Blogosphäre "geboren" wurde, von den traditionellen Medien aufgegriffen wird.
Meines Erachtens ist dies sogar das allererstemal, dass nicht nur ein Thema, sondern gleich eine Meinung mitübernommen wurde. Ich frage mich, wie die Resonanz a) in der Blogosphäre und b) in den traditionellen Medien ausgesehen hätte, wenn sich Häussler empörter geäussert hätte...
Und ich wundere mich über den von
Spiegel Online besuchten Ludwigshafener Stadtarchivar...
Das Bild ist abgedruckt in dem Buch "Ludwigshafen - ein Jahrhundert in Bildern", erschienen 1999 und schon lange vergriffen. Die seltsame Ähnlichkeit zu der "Du bist Deutschland"-Kampagne ist dem Autoren des Buches, Stefan Mörz, schon vor einiger Zeit aufgefallen. "Jedes Mal, wenn ich den Spot im Fernsehen sehe, muss ich an dieses Bild denken", sagte Mörz, Historiker und Stadtarchivar von Ludwigshafen, zu SPIEGEL ONLINE.
[Sorry for Hauptfach Publizistik... ;) Die Medienwissenschaftler verfolgen bitte diese Diskussion!
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